Ursula von der Leyen und die Kinderpornographie

Zu Recht sanktioniert das deutsche Strafrecht die Darstellung sexueller Handlungen von und an Kindern (§ 184b StGB). Die Darstellung und die Kommerzialisierung von Kinderpornographie ist, wegen des zwangsläufig vorangegangenen Missbrauchs von Kindern (§ 176 ff. StGB), widerwärtig, moralisch zu verurteilen und strafwürdig. Daran besteht kein Zweifel. Und doch gilt auch bei der Verfolgung solcher Straftaten, dass nicht alles, was möglich erscheint, sinnvoll und rechtmäßig ist. Der Rechtsstaat betrachtet auch schlimme Taten nüchtern und reagiert nicht hektisch mit dem Wunsch nach Vergeltung oder Verfolgung um jeden Preis.

Die politische Versuchung ist indes groß, das Thema populistisch aufzugreifen, indem radikale Lösungen propagiert werden. Eine breite öffentliche Zustimmung gilt als sicher. So hat sich kürzlich Bundesministerin Ursula von der Leyen mit der Forderung nach Internetzensur zu profilieren versucht. Nach Ansicht der Ministerin sei eine gesetzliche Verpflichtung der Access-Provider zum Sperren kinderpornographischer Webseiten unabdingbar.

Dabei verkennt von der Leyen, dass nur ein Bruchteil krimineller Aktivitäten auf Webseiten stattfindet und das Internet wesentlich mehr Dienste anbietet, die auf ganz anderen Protokollen basieren. So ist bekannt, dass hauptsächlich Peer-to-Peer-Netzwerke und Chat-Dienste genutzt werden, gegen die eine Webseitensperrung völlig wirkungslos wäre. Zudem lassen sich nur “erkennbare Kommunikationen sperren. Steganographisch geschützte Kommunikation zu sperren ist praktisch nicht möglich.” (vgl. Tech. Gutachten der TU Dresden zu Sperrverf. gegen Access-Provider, S. 75).

Neben den technischen Problemen bestehen aber insbesondere auch erhebliche rechtliche Zweifel an den geforderten Maßnahmen. Die Sperrung bestimmter Inhalte bedeutet nicht weniger, als eine staatliche Zensur und gravierende Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG, § 88 TKG). Dem steht eine rein symbolische Politik mit einzelnen punktuell und äußerst begrenzt wirksamen Maßnahmen gegenüber, die kein Kind schützen, keine Webseite löschen und keinen Täter fassen können.

Es ist zudem kein Geheimnis, dass Sperrungswünsche auch durch verschiedene Interessenvertreter geäußert werden, um beispielsweise gegen Glücksspiel und Urheberrechtsverletzungen im Internet vorzugehen. Sind erst einmal Zensur-Tabu gebrochen und technische Vorrichtungen vorhanden, droht aus der Ausnahme die Regel zu werden.

Dabei gibt es Alternativen: Wer selbst solche Seiten nicht sehen und seine Kinder schützen will, kann entsprechende Filter-Programme auf dem eigenen PC installieren. Will man politisch gegen den Missbrauch von Kindern und die Kommerzialisierung dieser Verbrechen hinwirken, dann muss vor allem der politische und wirtschaftliche Druck auf die Staaten erhöht werden, die solche Delikte nicht in der gebotenen Art und Weise verfolgen und es zulassen, dass auf ihrem Hoheitsgebiet Server mit solchen Inhalten vorgehalten werden. Das wäre der richtige Weg.

Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) veröffentlicht Gutachten zu Sperrungsverfügungen:
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Eine Antwort auf „Ursula von der Leyen und die Kinderpornographie“

  1. Das Problem von der Leyens ist wohl der Wahlkampf. Sie hat keine neuen familienpolitische Ideen in den letzten Jahren gehabt, nur von der vorherigen SPD-Ministerin umgesetzt. Das Bemerkenswerteste war noch immer der Wechsel ihrer Frisur von “ungewöhnlich” auf “modisch-nichtssagend”.

    Wenn der “Vertragsentwurf” nicht ein Fake des CCC ist, dann ist es wohl das schlechteste Machwerk eines Ministers im Kabinett Merkel. Denn dass da offensichtlich schon so viele Fehler enthalten sind, dürfte wohl auch Frau von der Leyen nicht entgangen sein.

    Es ist wohl offenbar nur dumme Wahlpropaganda in der CDU/CSU-Machart, siehe auch beim Scheitern des UGB. Gestern warens die Ausländer und die Kommunisten, das zieht aber nicht mehr (siehe Hessen), heute sinds die Terroristen/Islamisten und KiPo-Konsumenten. Die können sich wenigstens nicht öffentlich wehren bzw. sind kein Tabu.

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